
Auf dem Weg zu Hybrid Work braucht es bestimmte Veränderungsmaßnahmen, Rahmenbedinungen und Grundlagen damit dieses funktionieren kann. Zusammen mit Ayhan Balku von Powell Software, Tim Mikša von netmedianer und Patrick Schmitz, Know How! sollte in einer gemeinsamen Diskussionsrunde geklärt werden, wie diese Maßnahmen aussehen müssen, damit digitale und Präsenzansätze für das gemeinsame Arbeiten bestmöglich funktionieren.
Status Quo - wie ist die aktuelle Lage zu Hybrid Work in den Unternehmen?
Hybrid Work als Ansatz für eine digitale Zusammenarbeit von Mitarbeitenden an verschiedenen Orten (Remote und Präsenz/Vorort) ist an sich nichts Neues - so waren sich die Diskutanten einig. Denn in vielen Unternehmen gab es schon immer Positionen - wie Mitarbeitende im Vertrieb, im Service aber auch in Projektteams, die nicht alle zusammen an einem Ort gearbeitet haben. Als massenhaft etablierte Form der Zusammenarbeit mit Büroangestellten und Wissensarbeitenden in flexiblen Arbeitszeit- und Arbeitsort-Modellen ist Hybrid Work dann allerdings schon eine neue Herausforderung für viele Unternehmen, die es aktiv zu gestalten gibt.
Für die Expertender Runde stellt dabei die flächendeckend etablierte und funktionierende, digitale Zusammenarbeit eine gute Ausgangsbasis dar, von der der hybride Ansatz weiterentwickelt werden kann. Allerdings sieht die Realität hier natürlich anders aus - und ist nicht so sequentiell abzuarbeiten bzw. zu realisieren. Für den Status-Quo für die Etablierung neuer Formen der Zusammenarbeit in den Unternehmen ist festzuhalten, dass in der Breite vorallem die technologische Adoption größtenteils geschafft wurde. Dies erfolgte aber mit viel Wildwuchs und wenig Gleichklang, da die Spielregeln der Zusammenarbeit teils noch fehlen. Dazu gehören die richtigen Rahmenbedinungen, die ausreichende Befähigung der Mitarbeitenden wie auch die passenden Routinen in der Zusammenarbeit.
Hier gibt es zum Teil große Unterschiede zwischen Unternehmen. Teilweise fehlen die richtigen Prozesse, eine für die digitale Zusammenarbeit passende Arbeitskultur oder überhaupt ein Verständnis für eine Veränderung bzw. ein angepasster, virtueller Führungsstil. Daher muss die aktuelle Situation noch als laufender Findungs- und Veränderungsprozess verstanden werden, in dem das digitale Zusammenarbeiten weiter optimiert und die Rahmenrichtlinien für den hybriden Ansatz vielerorts erst gefunden werden müssen.
Was ist neu am Hybrid Work?
Die besondere Herausforderung auf dem Weg zum hybriden Ansatz ist nun die unterschiedlichen Dynamiken bei verteilten und in Präsenz zusammenkommenden Zusammenarbeiten einzufangen und in einen Gleichklang zu bringen. Weiter müssen arbeitsrechtliche Rahmenbedingungen und infrastrukturelle Herausforderungen für die passenden Arbeitskontexte realisiert werden. In der Diskussion waren sich die Teilnehmenden aber einig, dass letztlich der Schritt von der funktionierenden digitalen Zusammenarbeit zum hybriden Ansatz nicht so der große Schritt sei, sondern die größere Umstellung überhaupt in der Etablierung der funktionierenden digitalen Zusammenarbeit liegt.
Die Notwendigkeit - hierzu eine Lösung zu schaffen - ist nun aber für Unternehmen sehr spürbar geworden. Denn die Pandemie hat talentierten Arbeitskräften gezeigt, dass auch eine rein verteilte Zusammenarbeit möglich ist, was für viele Unternehmen zunehmend den Zwang erzeugt, in Zeiten des Fachkräftemangels Wege zu finden, um Remote-Arbeitskräfte mit Präsenz-Arbeitskräfte zusammenzubringen - so Tim Mikša.
Eine zentrale Bedeutung hat für Rainer Bartl die Veränderung der Einstellungen, der Haltung und des Mindsets zur Zusammenarbeit - insbesondere auf Seiten der Führungskräfte, damit im Präsenz-Teil der hybriden Ansätze die Zusammenarbeit nicht in alte Routinen zurückfällt. Nicht alle Teams (Mitarbeitende und Führungskräfte) haben in der Pandemie-Situation und der erzwungenden Remote-Arbeit schon ausreichend positive Erfahrungen gesammelt, als dass sie diese jetzt natürlicherweise bei Rückkehr ins Office beibehalten wollen. Hier gilt es durch die Projektverantwortlichen jene Teams mit negativen Erfahrungen "aufzuspüren" und zu befähigen.
Patrick Schmitz betonte außerdem, dass es wichtig sei, den Mitarbeitenden die Entscheidungsfreiheiten für die Partizipation an der Zusammenarbeit zu lassen. Dabei sollte es keinen Unterschied zwischen einer virtuellen und realen Teilnahme ausmachen. Hier muss die Moderation anpasst werden, damit alle gut abgeholt werden können. Außerdem sollte man das Remote-Arbeiten im hybriden Kontext nicht nur mit der Arbeit aus dem Home Office gleichgesetzt werden, denn letztlich geht es dabei um die flexible Einbindung von Mitarbeitenden egal ob von unterwegs, beim Kunden und von an anderen Orten wie Co-Working Spaces. Früher galt das Büro als Standard und die Home Office Tage waren die Besonderheit, hier braucht es einen Wandel. Das flexible Arbeiten sollte als Standard gelten und die Zeit im Büro besonders sein und auch bewusst genutzt werden. Hier können Themen besprochen werden, wo persönlicher Austausch sinnvoll ist, z.B. bei kreativer Kollaboration.
Die Befähigung zum asynchronen Arbeiten ist auch ein wichtiger Punkt, den Hans Gaertner einwarf. Hybride Arbeit sollte nicht immer in Form von Meetings gedacht werden. Dafür gibt es spezielle Tools, die diese Zusammenarbeit fördern können, dennoch braucht es die richtige Befähigung, Wissen und das Mindset. Wenn asynchrones Arbeiten perfektioniert wird, können meist viele Punkte, welche sonst lange in Meetings besprochen werden, vorab geklärt werden. Für einige wichtige Themen kann man sich natürlich noch treffen, aber auch das würde schon eine große Entspannung für viele Terminkalender bedeuten. Das ist auch die Chance die Arbeit ein Stück authentischer zu machen, aber auch flexibler.
Durch das richtige Management, passende Führungsprinzipien, verteilte Rollen, Delegation, neue Prozesse kann neues Arbeiten erfolgreich gestaltet werden. Wichtig ist hierbei nur - dass die Zusammenarbeit aktiv gestaltet wird - ansonsten könnten sich Mitarbeitende schnell distanzieren.
Konkrete Empfehlungen der Experten für Hybrid Work
Was unbedingt beachtet werden sollte, ist die Zoom-Fatigue, also die Mitarbeitenden nicht von Meeting zu Meeting hüpfen zu lassen. Automatische Kürzungen der Zeit durch die Tools sind dabei hilfreich, aber auch Fokuszeiten sollten gesetzt werden.
Der größte Knackpunkt ist die Führungskultur, oft meint man es gut, setzt es aber nicht so um. Wenn Mitarbeitende 3 von 5 Tagen wieder ins Büro kommen müssen, hat die Führungskraft wahrscheinlich nicht verstanden, dass die Zeit dort sinnvoll genutzt werden soll, sondern möchte die Mitarbeitenden auf eine Art "kontrollieren". Hier braucht es also Führungskräfteentwicklung und ein neues Verständnis.
Worauf bisher wenig Fokus gelegt wird, sind Mitarbeiterbefragungen und Feedback. In Phasen der Veränderung sollte man dieses unbedingt einholen um nachjustieren zu können. Durch die Mitbestimmung fühlen sich Mitarbetiende aber natürlich viel besser abgeholt.
Ein weiterer wichtiger Punkt ist das Wissensmanagement, bisher wurde dieses gering behandelt und auf den Austausch in der Kaffeeküche gesetzt. Hier braucht es das richtige Management, eine Vertrauensbasis und die Informationsströme.
Allgemein sind wir also noch mittendrin auf der Reise zum verteilten Arbeiten. Der Weg ins hybride Konzept bringt neue Aspekte mit sich, wie die Präsenzarbeit als Besonderheit und aysnchrone Zusammenarbeit. Führungskräfteentwicklung und Befähigung der Mitarbeitenden sind dabei die zentralen Hebel. Alle Einzelheiten und die gesamte Diskussionsrunde gibt es hier nochmals zum ansehen:
Spannend weiter geht es auch beim IOM SUMMIT vom 28. - 30. September 2021 mit weiteren Gesprächen zur erfolgreichen Ausgestaltung von Hybrid Work in den Unternehmen, digitaler Employee Experience und die Digital Fluency.